Internetpranger

Heise berichtet, daß derzeit in Deutschland öffentlich über eine Art Internetpranger nachgedacht wird. Mir ist klar, daß die Sicherheitsverwahrung Teil der Debatte ist – allerdings finde ich den Standpunkt von Frau Leutheusser-Schnarrenberger sowohl nachvollziehbar als auch korrekt. Vielleicht sollten sich andere Politiker erstmal ein Rückgrat zulegen, damit sie wie Frau Leutheusser-Schnarrenberger auch gegen populistische Forderungen noch aufrecht stehenbleiben können.

Daß diese Idee bei christlich-konservativen Zeitgenossen besonders gut ankommt, ist nicht weiter verwunderlich. Die Tendenzen mittelalterliche Wertvorstellungen – gegebenenfalls bereichert um die technischen Möglichkeiten der modernen Welt – wieder zu verankern scheint, folgt man dem Mainstream, fast schon aus der Mitte der Gesellschaft zu kommen.

Das dem religiösen entlehnte Wort “Buße” wird ja gern und oft von Politikern benutzt wenn es um die Verbüßung einer Strafe geht – daß der “Buße” allerdings auch “Vergebung” folgt, scheint man auch bei dieser aktuellen Diskussion wieder außer Acht zu lassen.

Natürlich sollen Schwerkriminelle ihre gerechte Strafe erhalten, aber danach sollen sie auch resozialisiert werden. Das heißt ihnen soll die Integration in die Gesellschaft nach Verbüßung der Strafe ermöglicht werden. Wenn wir von diesem Prinzip abrücken wollen, könnten wir auch gleich die Todesstrafe wieder einführen. Zugegeben, das würde so manchem Familienmitglied eines Opfers vielleicht nur recht sein, aber ist es die Gesellschaft in der wir leben wollen? Wenn der Vater eines mißbrauchten und anschließend brutal getöteten Kindes die Todesstrafe für den Mörder will, kann ich das als emotionale Reaktion verstehen. Das ist auch der Grund warum in Deutschland und vielen anderen Ländern Richter über die Schwere der Schuld und das Ausmaß der Strafe entscheiden, da wir Blutrache nicht wollen. Und meines Erachtens nach ist es gut so, auch wenn der Spielraum für Irrtümer damit nicht komplett ausgeräumt ist. Vor allem bei Personen des öffentlichen Lebens spricht die Presse oft schon vor einem eigentlichen Prozeß das Urteil, wie man unlängst bei Herrn Kachelmann wieder schön sehen konnte.

In diesem Sinne sollten wir uns sehr genau überlegen ob wir einen Internetpranger wollen und wenn ja in welchem Ausmaß. Die Ausmaße welche das in den USA mittlerweile annimmt finde ich äußerst erschreckend. Verwunderlich ist das nicht, in einem Land wo nichts so gut in den Nachrichten läuft wie die “News” vom letzten Mord, Totschlag, Verfolgungsjagd mit schnellen Autos oder Tragödien denen Kinder zum Opfer fielen. Der tägliche Schauer vor dem Fernsehgerät gehört dazu in einem Land dessen Bevölkerung ein Selbstverständnis als Nation mit weltweiter Führungsrolle hat und dennoch ständiger Angst voreinander lebt …

// Oliver

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