Microsoft Teams, eine schlimme Software wird noch schlimmer – und vor allem gruseliger. So oder so ähnlich könnte man diesen Artikel von Heise.de auch überschreiben (hier die Variante der winzigweichen Vertriebsabteilung).
Wie ich aus dem eigenen Bekannten- und Verwandtenkreis weiß, wird neuerdings vielerorts oft MS Teams eingesetzt. So auch bei uns in der Firma. Ich hatte schon einmal vor Jahren (ich denke es war irgendwann Mitte/Ende 2017) die Gelegenheit Teams zu testen. Der Beweggrund damals war, daß die Firma ohnehin einen Vertrag für Microsoft Office 365 hatte 1 und man überlegte die Mehrkosten für Slack zu sparen. Da wir zuvor von Slack geradezu verwöhnt waren, war das Ergebnis schnell klar. Aber schon damals war einer der am höchsten bewerteten Wünsche ein Kompaktmodus, inzwischen bei Microsoft mal wieder “under review”.
MS Teams ist ein extrem schönes Beispiel für eine Software die alles sein will und nix richtig ist, und die außerdem die Anwender wie Abschaum behandelt. Standardmäßig. Es sei denn man ist zufälligerweise mit Adminrechten ausgestattet, nehme ich an. Es mutet ein wenig an wie bei Paketdiensten, wo ich als Endkunde eigentlich die Rechnung mittelbar bezahle, aber seitens des Paketdienstes nicht als Kunde – geschweige denn relevant – angesehen werde. Und hier ist es vielleicht “die Firma” 2 oder ggf. die IT-Abteilung, falls die Firma mit so einer gesegnet sein sollte, welche der winzigweiche 3 Softwareriese als Kunden betrachtet. Der Anwender der Software zählt jedenfalls ganz eindeutig nicht zu den Prioritäten der Entwickler bei Microsoft.
Ach ja, bevor ich mich hier zu Höchstform aufschaukele, sei noch vorweggeschickt, daß sowohl Slack wie auch Element 4 als auch MS Teams unter der Haube nichts anderes sind als Webseiten und die Desktopanwendungen entsprechend eingedampfte Browser auf Basis von Electron, welches wiederum seinerseits auf Chromium, dem Unterbau von Googles Chrome aufbaut 5. Die genutzten Technologien und deren Fähigkeiten sind also durchaus vergleichbar.
Das was nicht vergleichbar ist, sind die Ressourcen die hinter MS Teams, Slack und Matrix.org stecken. Und genau deshalb vermute ich nicht Inkompetenz, sondern Vorsatz hinter der grottenschlechten Software, die uns neuerdings auf’s Auge gedrückt wird und die vom winzigweichen Vertrieb in höchsten Tönen gelobt wird.
Liebling, MS Teams hat meinen Link geschrumpft
Fangen wir mit einem kuriosen Defekt an, bei dem man kaum glauben kann, daß er in einer angeblich produktionsreifen Software, die von angeblich Millionen Anwendern über mehrere Jahre verwendet wurde, überhaupt noch stecken kann. Tut er aber. Sowohl auf Linux wie auch auf Windows – was nicht verwundert, da wir ja gelernt haben, daß der Unterbau quasi eine Webseite ist und die meisten Inhalte vermutlich von Microsofts Servern stammen. Dieser Defekt führt dazu, daß aus folgendem Link: https://en.wikipedia.org/wiki/George_Carlin
dieser Link wird: https://en.wikipedia.org/wiki/george_carlin
. Was im Falle von Wikipedia nicht stört, da es selbst hilfreich eingreift, wenn man mit letzterem Link angedackelt kommt und diesen in die kanonische Form (erster Link) überführt. Aber das klappt nicht immer, denn der Teil hinter dem dritten Schrägstrich ist in der Tat groß-klein-empfindlich 6. Mehr dazu findet sich in der Meldung zu dem Defekt, die ich oben verlinkt habe.
Im echten MS Teams sieht das dann so aus:
… oder so:
Der obige Defekt ist sicherlich unschön, insbesondere weil man im Fall des Falles seinen Gesprächspartner darauf hinweisen muß, daß sich Linktext und eigentlicher Link subtil unterscheiden, so daß der Gesprächspartner umständlich den Linktext in die Zwischenablage befördern muß, um an die korrekte Zieladresse zu gelangen. Und dies ist sowieso nur dann möglich, wenn ursprünglich der eingefügte Link dem Linktext entsprechen sollte. Falls man die Methode mit Markdown-Syntax – [Beschreibung](Link) – verwendet, stellt man schnell fest, daß MS Teams hier eine verlustbehaftete Kommunikation implementiert 7.
Platzverschwendung pur
Hier ein kleiner Vergleich der Benutzeroberflächen der drei oben genannten Platzhirsche 8 in Hinblick auf die Informationsdichte. Um es nochmal zu wiederholen, der Wunsch nach einem Kompaktmodus war bereits während der Betaphase vor mindestens drei Jahren auch bei MS Teams einer der am häufigsten geäußerten.
Zur besseren Vergleichbarkeit, habe ich alle Bildschirmfotos in Grautöne überführt.
MS Teams
- Textbereich mit fester Breite von zirka 40% der Gesamtbreite.
- Information über den Kanal oder Einzelchat, bzw. Gruppenchat – mehr zu dieser Unterscheidung unten
- Kontaktliste, entweder sichtbar: Teams oder Chats, etwa 20%
- Teilerleiste, die nicht zu verschieben geht
Fazit: 40% der Breite werden locker verschwendet. Erst wenn man das Fenster horizontal verkleinert, nimmt der Text (bei gleichbleibender absoluter Breite) einen größeren Prozentsatz der Gesamtbreite ein, wobei irgendwann auch die Kontaktliste komplett weggeklappt wird und eine Navigation zwischen den Kontakten entfällt. Der Textbereich ist auch zwischen den einzelnen Nachrichten vertikal extrem verschwenderisch und es wird bspw. eine Reply/Antworten-Option unter jeder Nachricht in Kanälen angezeigt, was eine extra Textzeile an Platz verschwendet.
Slack
Hier muß erwähnt werden, daß dies der wählbare Kompaktmodus ist, den Teams nicht implementiert.
- Textbereich innerhalb dessen die volle Breite genutzt wird
- Information über den Kanal oder Einzelchat
- Kontaktliste, kombiniert Einzelchats, Kanäle, und Favoriten
- Teilerleiste, die es ermöglicht den Textbereich oder die Kontaktliste zu vergrößern/verkleinern
Fazit: Slack ist nach meinem Eindruck am kompaktesten von den vorgestellten Apps. Es geht gleichsam sparsam mit dem Platz in der Kontaktleiste und im Textbereich um. In den Kontaktleisten wird mit Hervorhebung durch Fettschreibung (weiß auf dunklem Grund), sowie Farben zur Verfügbarkeit der Kontakte gearbeitet. Bildchen kommen nicht zum Einsatz.
Element/Riot
Hier muß erwähnt werden, daß dies der wählbare Kompaktmodus ist, den Teams nicht implementiert.
- Textbereich innerhalb dessen die volle Breite genutzt wird
- Information über den Kanal oder Einzelchat
- Kontaktliste, kombiniert Einzelchats, Kanäle, E2EE-Chats bzw. Kanäle und Favoriten
- Teilerleiste, die es ermöglicht den Textbereich oder die Kontaktliste zu vergrößern/verkleinern
Fazit: die Kontakte sind vertikal nicht gerade platzsparend angeordnet und das nervt teils wirklich, aber insgesamt ist es deutlich weniger platzverschwenderisch als MS Teams. Desweiteren kann man bei Element den Kanälen, bzw. die Benutzer sich selbst (relevant für Einzelchats) Avatare vergeben. Diese werden dann als kleine Symbole neben dem Namen des Kanals angezeigt. Das liefert in der Tat einen gewissen Wiedererkennungswert. Der Textbereich wird quasi in seiner ganzen Breite ausgenutzt und auch vertikal wird hier an Platz gespart und alles erscheint recht kompakt. Leider erlaubt sich aber auch Element einen Fauxpas, da links von der Kontaktleiste ein fester Bereich immer ungenutzt bleibt, aber in der Gesamtschau ist es noch immer um Längen besser als das Produkt der milliardenschweren Konkurrenz.
Andere Themen
MS Teams
- Vertraulichkeit der Kommunikation: Wer sich den Artikel über eine gewisse winzigweiche Studie ganz genau durchliest und auch zwischen den Zeilen lesen kann, muß zu dem Schluß kommen, daß Vertraulichkeit auf Teams nicht vorhanden ist. Die gruseligen Anwandlungen welche den Firmen als dufte neue Features angedient werden sollen, sprechen die gleiche Sprache.
- Markdown-Unterstützung so lala … zwar kann man schon Backticks tippen um Text in fester Schriftbreite zu setzen, aber nicht direkt hinter einer geöffneten Klammer, nicht wenn ich vorhabe Text aus der Zwischenablage einzufügen und so weiter. Auch für Links kann man die Markdown-Syntax verwenden, sofern sie denn funktioniert. Beispielsweise haben wir hier wieder das Problem mit der Zwischenablage und nach der schließenden Klammer (für den Link) muß ein Leerzeichen kommen, weil ansonsten der Linktext nicht verlinkt wird, sondern die eingegebene Markdown-Syntax roh stehenbleibt. Zitate kann man nicht direkt am Anfang der Nachricht plazieren und diverse Dinge gehen in Zitaten überhaupt nicht.
- In Einzelchats oder Gruppenchats kann man nicht auf eine ältere Nachricht antworten. Man kann sich allenfalls damit behelfen ein Bildschirmfoto der betreffenden Nachricht einzufügen und darunter seine Antwort zu schreiben. Besonders nervig ist das im Zusammenhang mit diesen Eigenheiten bei der Zitatfunktion in Markdown-Syntax.
- Die Benachrichtigungfunktionen sind grobschlächtig und einer angeblich auf Einsatz in Firmen zugeschnittenen Software nicht würdig.
- Teams setzt die Verfügbarkeit automatisch alle 24 Stunden zurück auf Verfügbar. Das ist absolut idiotisch, weil die Bedeutung von verfügbar kontextabhängig und nicht zuletzt firmenabhängig ist. Als Softwareentwickler bin ich nicht ständig verfügbar und will es auch nicht sein. Wenn ich konzentriert arbeite, reißt mich eine Störung ganz schnell aus der Konzentration raus und dann braucht es wieder mehrere Minuten reinzufinden. Zusammen mit den mangelhaften Einstellmöglichkeiten für Benachrichtigungen eines der schlimmsten Anti-Features dieser Software.
Zwar würde eine feingranulare Einstellung der Benachrichtigungen und ein Kompaktmodus, sowie eine funktionierende Nutzung der Software ohne Mausschubserei meine Produktivität deutlich erhöhen, aber stattdessen preist die winzigweiche Vertriebsabteilung weitere kommende Anti-Features an, die eher wie eine Implementierung der NSA-Überwachungsprogramme zuungunsten der Anwender anmutet.
Slack
- Slack hat den Slackbot, der hilfreich an Aufgaben erinnert (einen selber oder andere oder ganze Kanäle).
- Man kann auf eine gewisse Zeit in den “nicht stören” Modus umschalten.
- Ist man online, heißt dieser Status “aktiv” aber eben explizit nicht verfügbar.
Element/Riot
- Hier fehlte mir eigentlich nur ein Analogon zum Slackbot.
- Ansonsten war der Abgleich von Schlüsseln, sowie deren Sicherung und Rücksicherung bis vor ein paar Versionen recht umständlich. Aber die Software wird weiter verbessert.
Feature-Syndrom bei gleichzeitigen massiven Einschränkungen
Während MS Teams alles sein will und nix richtig ist, stellt sich nach Inbetriebnahme schnell heraus, daß sich zu dem standardmäßig überall verriegelten System – was wohl irgendwie der Kommunikation förderlich sein soll – auch die Tatsache kommt, daß diverse Features nur abhängig von den gebuchten Optionen verfügbar sind. Skurrilerweise zählt dazu auch das Einfügen von Bildern ohne Zuhilfenahme der Zwischenablage 9 oder eben diese vielfältigen cloudgebundenen Apps, die aus der winzigweichen Wolke stammen und eben zubuchbar sind. Hat man die Option nicht zugebucht, verschwindet aber nicht etwa das entsprechende Element aus der Benutzeroberfläche, nein die winzigweiche Vertriebsabteilung hat zugeschlagen und sichergestellt, daß man sie unnützerweise zu sehen bekommt und sich ärgert – und, so steht zu vermuten – sich nach dem x-ten Mal Ärgern zu einer Zubuchung entschließt.
Ich finde die ständig aufgezwungenen Neuheiten nervig.
Beispielsweise konnte man bis vor kurzem einen Kanal wählen und einfach losschreiben. Seit kurzem geht das nicht mehr und man muß entweder ein Tastenkürzel (sofern nicht bereits belegt) oder die Maus bemühen um das Eingabefeld zu bekommen. Mit etwas Glück ist es sogar das Eingabefeld welches man wollte (entweder das für den letzten Thread oder halt für den Kanal selber).
Angeblich globale Tastenkürzel funktionieren mal und mal nicht.
MS Teams hat eine extrem unvorteilhafte Trennung von Teams, Kanälen und Einzelchats … funktional und auch in der Navigationsleiste rechts.
Benachrichtigungen funktionieren häufig nicht und sind nicht feinjustierbar. Man bekommt entweder zu viel oder zu wenig und häufig muß man von Chats zu Teams wechseln usw. Auch die Unterteilung in zwei Hierarchieebenen bei Teams ist fragwürdig. Das mag bei einer Firmengröße wie der von Microsoft angesagt sein, aber so wie es implementiert ist, ist es platzverschwenderisch, mehrdeutig und wenig hilfreich. Hier hätte ich mir gewünscht, man hätte einen ähnlichen Ansatz gewählt wie bei Active Directory. Dort ist die Domäne auch nur eine Hierarchieebene und theoretisch gibt es noch den Domain Forest. Aber den bekommt man halt nur zu sehen wenn’s relevant wird.
Funktionen in Chats und Kanälen sind nicht gleichwertig (bspw. Antwortfunktion, die in Kanälen auch recht räudig ist). Ich benutze dazu mittlerweile Screenshots um das zu emulieren, soll sich MS doch damit rumschlagen, wenn die nach mehr als drei Jahren noch immer keine Software anbieten können die mit Slack oder Element (als Matrix Synapse Client) mithalten können.
Bilder werden gefühlt in JPEG mit Qualitätsstufe 30% konvertiert und sehen – insbesondere bei Screenshots die als PNG daherkamen – extrem häßlich aus und sind konvertiert trotzdem häufig ähnlich groß wie die Ausgangsdatei.
GIFs werden nur kleinskaliert in der GUI angezeigt, für Originalauflösung muß man in den Browser wechseln. Es gibt keine Möglichkeit das wie bei einem Video als Pop-Out zu sehen.
Kurzum: MS Teams ist eine grottenschlechte Software die ihren Siegeszug gegen technisch und aus UX-Sicht überlegene Lösungen angetreten hat.
// Oliver
- Ich nehme an, daß dies auch heutzutage der Beweggrund für die meisten Firmen ist [↩]
- bzw. Tenant im Azure-Sprech von Winzigweich [↩]
- ich hoffe, daß der Begriff “winzigweich” in diesem Zusammenhang keiner Erklärung bedarf … [↩]
- der Client für Matrix.org [↩]
- Während vor wenigen Jahren gepredigt wurde man möge möglichst viel Code in gemeinsam genutzte Bibliotheken auslagern, kocht heute jeder sein eigenes Süppchen und der geneigte Anwender hat dann gegebenenfalls ein Dutzend verschiedene Anwendungen mit dem immer gleichen Unterbau auf dem Rechner, bspw.: Visual Studio Code, Atom Editor, Slack, Element/Riot, MS Teams, … [↩]
- auf gut Englisch: case-sensitive [↩]
- das tut es auch bei Bildern, die – gefühlt – in Qualitätsstufe 50% JPEG überführt werden und teils recht artefaktlastig daherkommen [↩]
- Ja, es gibt auch Mattermost, es gibt auch Discord und so weiter … aber hier interessieren uns nur diese drei, da ich zwar mit den anderen auch schon zu tun hatte, aber außer von Mattermost nicht sonderlich angetan war. Und ohnehin finde ich die Zersplitterung in x verschiedene Dienste mit eigenen Protokollen, Servern und null Interoperabilität erschreckend. [↩]
- hängt wohl von irgendeiner One-Drive-Option ab [↩]