Warum gab es eigentlich soviel Aufregung um diese Aussage von Björn Höcke:
Wir Deutschen sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.
Sicher verfolgt der Mann damit eine unlautere Absicht. Aber wie würden denn andere Leute — inbesondere die Kritiker, welche auf exakt diese Aussage abzielen — das Holocaust-Mahnmal bitte nennen? Mahnmal des industriellen Massenmordes? Mahnmal der Judenvernichtung? Wo ist da der große Unterschied? Oder meint man vielleicht der Holocaust sei eine großartige Leistung des deutschen Volkes gewesen und es handele sich deshalb um ein Mahnmal welchem man nicht das Attribut “Schande” anheften dürfe? Letzteres wäre doch genau die Lesart, welche man eher einem Herrn Höcke zutrauen würde. Wie kommt es also, daß man sich so über die Wortwahl des “Mahnmals der Schande” ereifert?
Etwas später meinte der Parteigenosse von Höcke, Alexander Gauland folgendes:
Das sagt eine Deutschtürkin. Ladet sie mal ins Eichsfeld ein und sagt ihr dann, was spezifisch deutsche Kultur ist. Danach kommt die nie wieder hierher. Und wir werden sie dann auch, Gott sei Dank, in Anatolien entsorgen können.
Und auch hier echauffierte sich die Presse Empöristans über das Verb “entsorgen” statt einmal der Frage nachzugehen was Herr Gauland wohl mit der spezifisch deutschen Kultur und dem dahingehenden Verweis aufs Eichsfeld gemeint haben könnte.
Klar, würde ich an Stelle von Frau Özoguz auch Anzeige stellen. Warum auch nicht? Aber daraus — seitens der Medien — eine Staatsaffäre machen zu wollen, wenn sie die eigentliche Staatsaffäre in einer ganzen anderen Aussage befindet, spielt doch den populistischen Vollpfosten dieser Partei in die Karten! Wie heißt es so schön, es gibt keine schlechte Öffentlichkeit 1; denn den Parteigenossen kommt es ganz sicher auf eines an: daß ihre Themen die Medienlandschaft beherrschen und daß sie ständig in den Medien genannt werden. Aufmerksamkeitsöknomie eben.
// Oliver
- there’s no bad publicity [↩]
Der Höcke-Satz ist grundsätzlich falsch. Von der Wortwahl und vom Inhalt. Man hätte formulieren können: “Wir Deutschen haben uns ein Mahnmal in das Herz der Hauptstadt gestellt, das uns an unsere Schande erinnert”. So oder so ähnlich.
Vielleicht verliert man aber gar kein Wort darüber. Und, wie gesagt, falls doch, dann nicht in der Form, die Höcke gewählt hat. Dieser Satz, vor einem Publik mit gewissen Ansichten, war kalkuliert.
Und inhaltlich ist er falsch, weil sich noch ein paar andere Völker Mahnmale leisten, mit denen sie auch an unrühmliche Dinge in ihrer Vergangenheit erinnern.
Semantisch war das fast exakt seine Aussage. Würde man seinen Satz wie folgt verändern, wäre die Aussage nicht nur fast semantisch identisch:
Aber vielleicht kann man seine unlautere Absicht gerade an diesem fehlenden Wort festmachen?!
Klar war das kalkuliert, hatte ich ja geschrieben, daß er damit eine unlautere Absicht verfolgte.
Welche anderen Völker stellen sich denn “ein Mahnmal der Schande” ins Herz ihrer Hauptstadt? Yad Vashem, ein Mahnmal der Schande — der Schande der Deutschen — ist zwar in der Hauptstadt Israels, Jerusalem, aber nicht im Herzen der Hauptstadt.
Mir fiel bei der Aussage übrigens auch kein bekanntes Beispiel ein. Aber vielleicht hast du ja eines, welches man dem Höcke entgegenhalten könnte.
Worauf ich im Kern aber hinaus will ist, daß sich die Empörung immer an den Teilen der Aussagen zu entzünden scheint, die für mich bei weitem nicht der schlimmste Teil ist.