Dank der Weihnachtsfeier meiner (ehemaligen?) Firma, die Ihren Auftakt im “Chez Dominique” in Helsinki nahm, hatte ich schon das “Vergnügen” echten Kaviar zu essen. Die Menge war nicht groß, was bei den Preisen aber auch nicht verwunderlich ist. Ich weiß nicht, was mich allgemein an der Idee Fischeier zu essen so stört, denn Hühnereier esse ich – vielleicht ist’s die fehlende Schale. Ohne einige Voraussetzungen hätte ich allerdings den Kaviar ohnehin niemals angerührt.
Da ich an diesem Tag der letzte Entwickler aus unserer Firma war, der nach Helsinki flog, hatte ich noch kurz bis vor meiner Abfahrt zum Flughafen gearbeitet, weil noch ein paar Probleme an einem Beta-Release aus der Welt zu schaffen waren. So kam es, daß ich im Streß morgens schon nicht viel gegessen hatte und am Mittag garnichts. Dieser Tatsache verdanke, in den Genuß von Beluga-Kaviar gekommen zu sein. Wäre ich nicht so ausgehungert gewesen, hätte ich sicherlich weder den Kaviar noch einige der anderen französischen Zwei-Sterne-Spezialitäten angerührt. Eines hatten sie nämlich dort nicht: vernünftiges Essen! Aber zumindest über die Weine konnte ich mich nicht beklagen, wobei mir der Tokajer am besten geschmeckt hat.
Ich räume ein, daß Hunger noch immer der beste Koch ist und mir diese feinen Leute im Chez-Dominique ansonsten sicher nicht viel zu bieten gehabt hätten. Aber nun war ich eben mal ausgehungert und schlang dann einiges in mich rein – wobei es mengenmäßig eher lächerlich war. Nur an die Gänseleberpastete konnte ich partout nicht ran. Liegt vielleicht daran, daß kleine Gänschen niedlicher sind als kleine Störe und man sich deshalb eher mit denen solidarisiert, wenn die ihre Schnabelspitzen abgeknipst bekommen – eine Stelle übrigens, an der mehr Nerven sitzen als in der Fingerspitze eines Menschen, also eine äußerst brutale Methode. (Man macht das, damit die Gänse besser mit einem Trichter oder Schlauch gemästet werden können, was bei einem “krummen Schnabel” nicht so effizient geht.)
In der Not frißt der Teufel bekanntlich Fliegen bzw. ich Fischeier, so daß ich, als es an den Kaviar kam, auch zulangte. Was mich am meisten überraschte war die Tatsache, daß dieses Zeug im Grunde nach nichts weiter schmeckt als nach dem zugegebenen Salz. Da war ich doch etwas perplex. Wie kann es sein, daß die selbsternannten Eliten der Welt dieses Zeug so schätzen? Haben die alle keine Geschmacksnerven? Ist es wieder nur die Tatsache, daß der Beluga-Kaviar so selten ist – ähnlich dem Treiben mancher Teenies, die sich ‘nen Ast freuen, nur weil sie ihr Idols zu fassen bekommen haben und sich nun nie wieder die Hände waschen dürfen? Ich persönlich kann den Rummel nicht verstehen. Umso weniger, wenn ich höre, daß der Stör in vielen ursprünglichen Fanggebieten inzwischen ausgestorben ist und woanders kurz davor steht. Da werden in Rußland Störfarmen erprobt, wo man den Störweibchen alle paar Monate den Wanst aufschneidet und den Kaviar “erntet” nur um die Tiere nicht immer beim “Erntevorgang” töten zu müssen. Lecker!
Im Kaspischen Meer gibt es bereits fast keine Störe mehr, weil die Armut jede Menge Fischer dazu treibt illegal Stör zu fischen und aus den Zuflüssen nicht mehr genug Nachschub kommt, weil der schon vorher weggefischt wird. So hat denn offenbar eine Spirale begonnen, die in ihrer Geschmacklosigkeit kaum zu überbieten ist. Störe werden seltener, Kaviar knapper, Preise steigen. Und weil der Kaviar nicht weniger produziert wird als zuvor, werden die Störe in immer rasenderem Tempo seltener und die ganze Spirale dreht sich noch schneller.
Wann werden nur die Geschmacklosigkeiten aufhören? Das Essen von geschmacksneutralen Fischeiern einerseits und die Produktion und übertriebenen Preise andererseits? Ich kann jedenfalls versprechen, daß ich bei vollem Bewußtsein keinen Kaviar – sei’s nun Beluga oder nicht – mehr essen werde.
Übrigens, meine ukrainischen und russischen Freunde waren total begeistert und beneideten mich dafür als ich davon erzählte. Sei’s drum, der Hunger trieb’s rein und der Ekel runter …
// Oliver
Ich hatte ein ähnliches Erlebnis mit Kaviar. Er war zwar sehr schwach gesalzen und ich schmeckte auch den Kaviar selbst, aber er schmeckte mir nicht besonders.
Aber es gibt ja auch andere Fischrogen z.B. vom Lachs.
Pur mag ich ihn gar nicht, aber der ungesalzene Fischrogen, der auch beim Sushi verwendet wird, schmeckt gar nicht mal so schlecht.
(nicht pur, sondern in der Geschmackskomposition des Sushi)
Aber das Gleiche (was Du mit der Gänseleber schreibst) gilt auch für alle artgeschützten Tiere.
Ich probiere ja fast alles. (Man weiß ja erst hinterher, wie es schmeckt.)
So habe ich auch schon Schlange und Ratte gegessen. (in Singapur)
Das schmeckt gar nicht mal so schlecht.
Ich habe auch schon ein Chilli mit Pferdefleisch gekocht.
Superlecker.
(Sagten auch meine Gäste. Als ich gefragt wurde, was in dem Chilli ist, ist eine Bekannte aufs Klo gerannt und hat sich übergeben. – Aber das ist eine andere Geschichte. Sie reitet gerne 😉 )
Eine Ausnahme mache ich aber:
Alle Tierarten die geschützt sind, oder Zubereitungen, mit denen ich nicht einverstanden bin, sind tabu.
z.B. Meeresschildkröten, Froschschenkel oder Affenhirne die in Asien zum Teil von den Lebenden Affen gegessen werden.
Das braucht kein Mensch.
Es gibt z.B. auch falsche Froschschenkel. Dieses Gericht wird mit Geflügel zubereitet und soll fast genauso schmecken wie die Echten.
Anmerkung:
Schon mal Jellyfish als Sushi gegessen?
Das ist ein kleines Töfchen mit Gelee das nach Salz schmeckt.
Ach ja: Jellyfish wird hierzulande Qualle bezeichnet und ist in der der asiatischen Küche als Vorspeise beliebt.
Soll ja ganz gut schmecken. Als ich ganz klein war, hat meine Mutter mal was mit Pferdefleisch gemacht, ich kann mich aber nicht dran erinnern. Und ich kenne sogar Reiter/Pferdeliebhaber, die Pferdefleisch essen, denn meist handelt es sich ja nicht um Reittieren, oder jene die in “Rente” geschickt wurden.
Kann ich voll nachvollziehen. Mein ehemaliger Geographielehrer hatte mal das “Vergnügen” einem solchen Affenhirnessen beizuwohnen.
*brr* … daß Jellyfish die Qualle ist, wußte ich auch schon.